Zwei neue Lektionen mit Unterrichtsmaterialien und einem Podcast werden aus einer Masterarbeit der Pädagogische Hochschule FHNW freundlicherweise zur Verfügung gestellt und verlinkt.
«Hilfe für Flüchtlinge, Podcast «Frau A» / Eine schicksalhafte Begegnung» neu im digitalen Buch «Schweizer Jugend im Zweiten Weltkrieg»
Die beiden Masterstudentinnen Anna Bänziger-Horn und Chantal Madeleine Humair, (September 2019, Dozentin: Christine Althaus, Pädagogische Hochschule FHNW) setzten sich in ihrer Abschlussarbeit mit der Thematik «Das Basler Alltagsleben während dem Zweiten Weltkrieg» unteranderem mittels Zeitzeugeninterviews auseinander und entwickelten dazu Unterrichtsmaterialien.
Freundlicherweise stellten sie den Podcast von «Frau A» und weitere Unterrichtsmaterialien dem digitalen Buch «Schweizer Jugend im Zweiten Weltkrieg» kostenfrei zur Verfügung.
Herzlichen Dank an dieser Stelle an Anna Bänziger-Horn und Chantal Madeleine Humair für die eindrückliche Fluchthelferinnen Geschichte und die entsprechenden Materialien!
Frau A. berichtet im neuen Podcast von Ihrer Fahrradtour an das Faustdrama in Dornach. Auf dem Nachhauseweg begegnete…
Gepostet von Verein für zeitgemässes Lernen am Montag, 5. April 2021
Leseprobe:
Erinnerungen von Frau A. «Eine schicksalhafte Begegnung» (Nacherzählung
Podcast Frau A.)
Frau A. arbeitete während des Zweiten Weltkriegs als Hauswirtschaftslehrerin (23
Jahre alt) in einem Grossbetrieb in der Gemeinde Riehen bei Basel. Mit dem ersten
Monatslohn (Salär) kaufte sie sich ein Fahrrad, damit sie in Dornach das Faustdrama
besuchen konnte. Auf ihrem Nachhauseweg, bei welchem es durch die Verdunkel-
ung stockfinster war, begegnete sie zwei Flüchtlingen, die aus einem Arbeitslager in
Frankreich geflohen waren. Frau A. beschloss, dass sie den beiden helfen wollte,
denn sie hatte grosses Erbarmen mit den zwei Männern, die schon seit sechs
Wochen auf der Flucht waren. Die beiden Männer waren sehr abgemagert und
sahen laut Angaben von Frau A. furchtbar aus. So nahm sie die beiden Flüchtlinge
mit sich mit. Auf dem Weg nach Riehen hoffte Frau A., dass sie nicht entdeckt
werden würde, denn zur Zeit des Zweiten Weltkrieges war es verboten, Flüchtlingen
zu helfen oder sie bei sich zu beherbergen. Glücklicherweise bemerkte niemand
etwas. Um 04.00 Uhr in der Nacht erreichten die drei Riehen bei Basel. Dort
versteckte Frau A. die Männer in einem Gartenhaus. Tagsüber waren die Männer
jeweils im Gartenhaus eingeschlossen. Nachts versorgte Frau A. sie mit Essen und
anfangs mit neuen Kleidern sowie Schuhen aus Secondhand Läden oder aus der
Heilsarmee und pflegte sie. Mehr dazu hier.
Zusatzinformationen zur Flüchtlingspolitik während des Zweiten Weltkriegs
Flüchtlingspolitik während des Zweiten Weltkriegs
Die Schweizer Flüchtlingspolitik während des Zweiten Weltkriegs war schon damals und ist auch heute noch ein umstrittenes Thema. Kritisiert wird, dass die Schweiz unzählige Menschen an der Grenze zurückgewiesen hat, obwohl sie die Flüchtlinge hätte retten können. Jedoch wurde dies aus Angst vor Überfremdung und teils auch aus Fremdenfeindlichkeit nicht getan (vgl. Schweizerisches Bundesarchiv, 2016).
Im August 1942 wurde vom Bundesrat die Grenzsperre entschieden. Flüchtlinge aus Rassengründen mussten grundsätzlich abgewiesen werden (vgl. Portmann-Tinguely & von Cranach, 2016). Dieser Beschluss wurde von der Bevölkerung stark kritisiert. Auch Nationalräte wie der St. Galler Freisinnige Ludwig Rittmeyer, der Basler Liberale Albert Oeri oder der Neuenburger Sozialdemokrat Paul Graber äusserten Kritik: „Unser Rettungsboot ist noch nicht überfüllt, nicht einmal gefüllt, und solange es nicht gefüllt ist, nehmen wir noch auf, was Platz hat, sonst versündigen wir uns“ (UEK, 2001, S. 128).
Der Bundesrat blieb jedoch hart. So kam es, dass viele Schweizer Bürger Fluchthilfe leisteten. Dies war nicht strafbar, da es dazu keine rechtlichen Grundlagen gab. Da die Fluchthilfe aber mehr und mehr zunahm und durch «Passeure»/Fluchthelfer immer professioneller wurde, erliess der Bundesrat am 25. September 1942 einen Beschluss, der Fluchthilfe als eigenständigen Tatbestand ansah und mit einer Gefängnisstrafe bestraft werden konnte. Trotzdem blieb die illegale Fluchthilfe auch weiterhin bestehen (vgl. ebd. S. 148f.).
Quelle: Die Unterlagen wurden freundlicherweise aus der Masterarbeit «Das Basler
Alltagsleben während dem Zweiten Weltkrieg» von Anna Bänziger-Horn und Chantal
Madeleine Humair, (September 2019, Dozentin: Christine Althaus, Pädagogische
Hochschule FHNW) zur Verfügung gestellt.